Neubeginn

Nachdem bereits 1986 „das optische Aus der Gleisanlagen vollzogen“ war und der Marktgemeinderat zum Ankauf des Geländes „die Weichen gestellt“ hatte, gab es intensive Besprechungen und Verhandlungen über die künftige Nutzung des Bundesbahn-Areals.

Im Juni 1987 wurde berichtet, dass der Marktrat unter Vorsitz von Bürgermeister Max Kulzer mit Vertretern der Ortsplanungsstelle sowie Fachleuten der Universität Regensburg getagt hätte. In den Zeitungen war Folgendes zu lesen:

Das einstmalige Bahnhofsgelände soll aufgrund seiner optisch zentralen und damit sehr günstigen Lage möglichst attraktiv und vor allen Dingen zukunftsweisend planerisch gestaltet werden. Diese Empfehlung äußerten die Vertreter der Regierung der Oberpfalz bei der jüngsten Sitzung im kleinen Ritterzimmer der Burg in sehr nachdrücklicher Form.

Das zentrale Thema bei dieser Sitzung bildete der ins Auge gefaßte städtebauliche Ideenwettbewerb. Tenor der Fachleute war, „Nägel mit Köpfen zu machen, denn nur das Beste ist gut genug für den allseits bekannten Fremdenverkehrsort Falkenstein“. Die zur Verfügung stehende hochinteressante Fläche eigne sich beispielsweise für ein zuschußfähiges Projekt, wurde argumentiert.

Bürgermeister Kulzer berichtet *:

Die Gemeinden mußten vor dem Bau der Nebenstrecke Wutzlhofen – Falkenstein den benötigten Grund beschaffen und ihn dem damaligen „königlichen Eisenbahnärar“ kostenlos übereignen. Gemeinsam mit Landrat Girmindl bemühte ich mich sofort nach Bekanntwerden der Streckenstillegung um eine käufliche Überlassung des Bahngeländes zu einem annehmbaren Preis.

Nach zähen Verhandlungen, in die auch der Bundesminister für Verkehr mehrmals eingeschaltet wurde, konnte der Kauf am 17.02.1988 beurkundet werden. Zu zahlen waren noch rund 25 % des ursprüglich geforderten Preises.
*) Entnommen aus der Broschüre „Städtebauförderung in der Oberpfalz – Markt Falkenstein“

Wurzeln der Orstgestalt

In der Städtebau-Planungsbroschüre sind unter anderem „Wurzeln der Ortsgestalt“ angegeben. Danach besteht der historische Ortskern heute aus zwei unterschiedlich charakterisierten Bereichen:

1. Der zum Dreieck sich verbreiternde Marktplatz, ausgerichtet auf die Burg, ist dominiert von repräsentativen, herrschaftlichen Verwaltungsbauten, die mit auffallenden architektonischen Details (Treppengiebel, Erker) ausgestattet sind.

2. Und das dahinter geradezu versteckte, enggebaute „kleinbürgerliche Falkenstein” am südlichen Abhang des Burgberges. Dieser ehemalige Bereich der Handwerker und Herrschaftsbediensteten ist erschlossen durch ein Netz von engen und steilen Gassen. Die Bebauung entlang der Bahnhofstraße gehört ebenfalls zu den ältesten Ortsbereichen, entstand aber außerhalb des ursprünglichen Siedlungskerns, der Marktplatz und Kirchberg umfaßte.

Ideenwettbewerb

Nach allen Vorarbeiten hat der Markt Falkenstein am 2. Mai 1988 einen „Städtebaulichen Wettbewerb Bahnhofsgelände“ ausgelobt und wie folgt argumentiert:

Im Jahre 1986 ist die Bahnlinie Regensburg – Falkenstein einschl. Bahnhof Falkenstein aufgelassen worden. Das ehemalige Bahnhofsgelände liegt im zentralen Bereich des Ortes und ist Anlaß, das ca. 4,0 ha große Gelände einer neuen städtebaulichen Nutzung zuzuführen.

Die Ortsplanungsstelle bei der Regierung der Oberpfalz hat im Benehmen mit der Obersten Baubehörde empfohlen, einen städtebaulichen Wettbewerb durchzuführen.

Der Markt hat daraufhin im Jahre 1987 als Voruntersuchung für die künftige sinnvolle Nutzung des Geländes ein Gutachten durch den Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie der Universität Regensburg erstellen lassen, mit dem Ergebnis, daß auf dem Gelände

– dem Bedarf und den Wünschen der Bevölkerung nach besserer Versorgung durch Einrichtungen im Dienstleistungsbereich an erster Stelle entsprochen werden,

– eine Verdichtung der Wohnbevölkerung im Kernbereich
und vorsorglich für den Fremdenverkehr einige Reserveflächen berücksichtigt werden sollen.

Es gingen 16 Entwürfe ein. Ein Preisgericht hat am 29.10.1988 eine Bewertung ausgeführt und dem an die erste Stelle gesetzten Entwurf bestätigt, „daß er gut zu verwirklichen und der Bezug zum Markt optimal hergestellt worden ist, ohne daß dadurch irgendwelche Zwänge entstehen.“ Aber:

„Der 2. Platz geht an den Architekten Thomas Molnar und den Landschaftsarchitekten Andreas Kulzer aus Straßkirchen. Sie werden mit der weiteren Ausarbeitung betraut, weil dem Marktgemeinderat die vorgeschlagene Hotelkonzeption besonders zusagte.“

Entwurf mit Hotelturm gewinnt

In dem eingereichten Entwurf hatten die Architekten darauf hingewiesen, dass das Spannungsverhältnis zwischen dem Tagungszentrum (Hotel) und der historischen Burg „das Gestern und Heute erlebbar machen und die räumlichen Bezüge zum Ort herstellen“ wird. Teil des Konzepts war auch die Erhaltung der Industriedenkmäler Lokschuppen und Eisenbahnbrücke. Das
Preisgericht hob hervor, dass sich zusammen mit dem recht großen Hoteltrakt ein wirkungsvolles Gegenüber zur bestehenden Burg ergibt.

Die folgende Grafik zeigt den überarbeiteten Entwurf, in dem noch das Kurhotel mit „Hotelturm“ als Pendant zur Burg zu sehen ist.

Im April 1989 fragte die Tagespresse: Wann wird das einstmalige Bahnhofsgelände endlich baureif? Der Marktgemeinderat antwortete mit einem Beschluss für einen Bebauungs- und Grünordnungsplan „Am Bahnhof“, um den städtebaulichen Ideenwettbewerb umzusetzen und Baurecht zu schaffen. Dieser Plan erlangte im Juni 1990 Rechtskraft.

15 Jahre später gibt es keinen Hotelturm, das Industriedenkmal Eisenbahnbrücke ist verschwunden. Erhalten sind einzig noch die Lokomotivremise und das große Dienstwohngebäude. Alle anderen Hochbauten in Falkenstein sind verschwunden und können nicht mehr an die Zeit des Falkensteiner Bockerl erinnern.

Bebauung

Das Bahnhofsgelände war Anfang 1988 aufgekauft, der städtebauliche Wettbewerb abgeschlossen, dann ging der Abriss und Rückbau in dem Areal los. Im November 1988 sah man in den Tageszeitungen Bilder von Zerstörungen wie nach einem Großbrand oder durch Kriegseinwirkungen.

Ein Pressefotograf textete am 15. November: Nur das Gerippe der Bundesbahn-Güterhalle steht derzeit noch auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände. Die Halle wird ebenso wie das Bahnhofsgebäude selbst abgebrochen und muß der Neubeplanung des gesamten von der Bundesbahn erworbenen Areals weichen.

Im Dezember 1988 sieht man in den Zeitungen Bilder weiterer Zerstörungen und den Hinweis, dass die frühere Güterhalle, die zuletzt der Möbelfirma Ludwig Liedl als Lagerraum diente, durch eine Helferschar der Schützengesellschaft 1860 Falkenstein per Handarbeit demontiert wird, um später einem gemeinnützigen Zweck zur Verfügung gestellt werden zu können.

Die Neubauarbeiten begannen sehr bald. Und schon im Herbst 1990 war das Modehaus Ebnet fertig. Im Sommer 1991 wurde mit den Ausbauarbeiten der Erschließungsstraße Am Bahndamm begonnen, die heute als „verkehrsberuhigte Zone“ gilt. 1993 wurde in der Tagespresse noch einmal wehmütig über die Eisenbahnvergangenheit berichtet – das Falkensteiner Bockerl wäre nämlich 80 Jahre alt geworden. Vorbei.

Seit etwa 10 Jahren ist das ehemalige Bahngelände vor allem attraktives Wohngebiet. Die Grafik „Entwicklungskonzept für das Bahnhofsgelände“ zeigt schon fast den Endzustand, wenn man vom fehlenden Kurhotel absieht und die individuellen Korrekturen im Wohngebiet außer Acht lässt. Der Bahnhofsplatz lädt zum Einkaufen ein, neben dem aus einer Hangquelle gespeisten Brunnen kann man auch rasten, z.B. ein Eis schlecken oder Kaffee trinken und den Burgblick genießen.

Den granitenen Trog und die Brunnensäule mit dem Falkensteiner Wappentier hat der Steinmetz Josef Roider aus Cham-Win-dischbergerdorf geschaffen. Der autofreie Platz mit der umgebenden Gebäudekulisse bietet einen schönen Rahmen für verschiedene Veranstaltungen, wobei immer der oben erwähnte Burgblick überzeugt. Sommers wird mit einem Bauernmarkt am Freitag für Leben gesorgt.

Christkindlmarkt

Im Dezember findet der nun schon traditionelle Christkindlmarkt statt, bei dem das Angebot an Kunsthandwerk und weihnachtlichen Leckereien von Besuchern aus dem ganzen Vorwald (und darüber hinaus) probiert wird. Viele Stände dieses Weihnachtsmarktes sind ehrenamtlich durch örtliche Vereine betreut. Sie bieten z.B. Glühwein, Punsch, Brotzeiten, Bratwürstl, Hirtengulasch, Schwarzgeräuchertes von der „Feuerwehrsau“ oder auch selbstgefertigte Waffeln (von den Damen des Katholischen Frauenbundes). Der jeweilige Erlös kommt den Vereinskassen zugute.

Aber der Christkindlmarkt besteht auch aus einem besinnlichen Teil mit schöner Musik, Weihnachtsengeln und dem Christkindl, das auch bei strengen Minusgraden von ganz weit oben auf den Markt herunterschwebt, die frohe Botschaft verkündet und allen Besuchern schöne und friedliche Weihnachtstage wünscht, ehe es wieder in den Himmel entschwebt. Dass für dieses Spektakel ein großer Kran herhalten muss, sehen nur unverbesserliche „Realisten“, und das auch nur bei Tageslicht.

Der neue Brunnen auf dem Bahnhofsplatz

Am Bahndamm

Am Bahndamm läßt´s sich leben – in Geschosswohnungen mit Tiefgarage oder in netten Ein- und Zweifamilienhäusern, alle mit einem Burgblick, für den Feriengäste gerne in die Urlaubskasse greifen würden. 32 Geschosswohnungen sind in den vier „Waggonhäusern“ untergebracht. Am westlichen Ende der aus den vier „Waggons“ gebildeten Reihe steht leicht abgewinkelt der Alte Lokschuppen, quasi als „Zugpferd“ dieser Hausreihe, aber auch des gesamten neuen Wohnviertels „Am Bahndamm“ und darüberhinaus der Marktgemeinde.

Das Lokomotivheizhaus, wie der Lokschuppen auch in alten Plänen genannt wird, war eine Zeit lang ebenso umstritten wie die ein paar Schritte weiter westlich gelegene und sehenswerte Rundbogen-Eisenbahnbrücke über die Tannerlstraße.

„Die alte Eisenbahnbrücke in Falkenstein mußte leider abgerissen werden. Sanierung und Unterhalt hätten die finanziellen Möglichkeiten des Marktes überfordert“, so die Begründung für die Vernichtung eines Industriedenkmals.
Und: „Lange war fraglich, ob der frühere Lokschuppen – trotz seines renovierungsbedürftigen Zustands ein ortsbildprägendes Industriedenkmal – erhalten werden kann. Im Herbst 1990 kaufte die Familie Frank das Gebäude und hat den Wohnteil sehr an-sprechend saniert.“ Die ehemalige Maschinenhalle, also den eigentlichen, zweiständigen Lokschuppen, haben die Franks als einzigartigen Raum für Kunstausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Alter Lokschuppen

Das „neue“ Falkenstein (ohne Bahnanschluss) hat einige Attraktionen zu bieten. An vorderster Stelle natürlich die Burg. Alle Eisenbahnbegeisterte und inzwischen auch Kunstliebhaber finden im alten Lokschuppen eine weiter Anlaufstelle. Die Reihe der besonderen Kunstausstellungen im Lokschuppen ist inzwischen ein Begriff über den Vorwald hinaus.

Besonders beliebt sind die Vernissagen mit in der Regel musikalischer Auflockerung und Weinverköstigung, die nun so etwas wie gesellschaftliche Höhepunkte der Falkensteiner „Szene“ darstellen. Mit anderen Worten: der Lokschuppen ist „in“.

Der Lokschuppen hat aber auch eine besondere Ausstrahlung, weil das Lokomotivheizhaus äußerlich und im Innern noch erkennbar ist. Mit viel Gefühl ist bei der Restaurierung und Modernisierung auf den Ursprung Rücksicht genommen worden. Man sieht beispielsweise noch Spuren des Lokdampfes an den original alten Holzbalken. Auf dem Fußboden sieht und spürt man die vorhandenen Gleise. Die zwei großen Tore für die Bockerls sind auch noch da usw.

Direkt zum Lokschuppen: www.lokschuppen-falkenstein.de

Die Villa Burgblick,
das Alte Bahnhaus

Zu Zeiten der Planung für den Bahnbau Gab es in Falkenstein eien Ziegelei. Sie befand sich ungefähr an der Stelle, an der heute noch das ehemalige große Dienstwohngebäude der Lokalbhan steht. Die dazugehörige Lehmgrube war in den Berg hineingegraben worden. Sie kann heute noch hinter den Häusern Straubinger Str. 6 erkannt werden. Auf dem Tekturplan für die Planung der Bahntrasse von 1912 wird sie noch dargestelt. Die Deutsche Bundesbahn hatte anscheinend schon Ende der 70er Jahre vor den Bahnbetrieb nach und nach zurückzufahren. Das „Alte Bahnhaus“, wie es schon lange im Volksmund genannt wurde, ist so bereits 1981 verkauft worden. Der neue Eigentümer hat es liebevoll innen und außen renoviert. Wer heute die Straubinger Straße herunterkommt und daran vorbeifährt wird vermutlich nicht auf den Gedanken kommen, daß die daneben stehende Garage ein Produkt der Neuzeit ist und erst in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gebaut worden ist. Demzufolge steht auch nur das Haus unter Denkmalschutz und ist in die schutzwürdigen Objekte des Marktes eingereiht worden.

Das „Alte Bahnhaus“ beherbergte drei Wohnungen, wovon zwei inzwischen als Ferienwohnungen vermietet werden. Seitdem firmiert das Haus auch unter dem Namen „Villa Burgblick“. Der morgendliche Blick auf die sonnenbeschienene Burg wird von den Feriengästen genauso geschätzt, wie die zentrale aber ruhige Lage und natürlich die intakte Infrastruktur unseres Marktes Falkenstein.