Epoche lI

1920 – 1950

Reichsbahn-Epoche

Übernahme der deutschen Eisenbahnen durch das Reich. Entwicklung von Einheitsbauarten für Lokomotiven und Wagen. Ausbau des elektrischen Zugbetriebs und Weiterentwicklung der Triebwagen.

Vereinheitlichung der Bau- und Betriebsvorschriften sowie der Fahrzeuganstriche und -anschriften. Vielfalt im Fahrzeugpark durch Fahrzeuge der Epoche l.

Der Betrieb

In den 70 Jahren ihrer Betriebszeit widerfuhr der Lokalbahn Wutzlhofen-Falkenstein manche Veränderung. Die Eindrücke und Erinnerungen ehemaliger, aktiver Eisenbahner sollen hier für sich sprechen.! Lok-, Zugführer und Bahnhofsvorsteher erinnern sich heute noch an die „wunderschöne Strecke“, die sie „gerne hintergefahren “ sind.

Das Personal, stets Männer, anfangs in die roten königlichen Eisenbahnuniformen gekleidet, verrichtete stolz und gewissenhaft seinen Dienst in den Bahnhöfen, in den Zügen und auf den Strecken. Fahrdienstleiter machten bis in die 70er Jahre ihre „Zug Ankunftsmeldungen“ in den Bahnhöfen Wutzlhofen, Bernhardswald, Hauzendorf, Roßbach und Falkenstein.

Die Rufzeichen des Streckentelephons waren:
Wutzlhofen –
Wenzenbach *-
Bernhardswald **-.
Hauzendorf ***-
Roßbach-Wald -***
Hetzenberg -**
Gfäll -*
Falkenstein —

Das Zugpersonal konnte in den Wohnräumen des Falkensteiner Lokschuppen und später nach Auflösung der Diensträume im Bahnhof selbst übernachten. Die für die Strecke zuständige Bahnmeisterei wurde 1929 aus Falkenstein abgezogen und verlegte darauf mehrmals ihren Sitz.

Erst um 1980 kurz vor der Streckenstillegung übernahmen Frauen im Stundenangestelltenverhältnis den Fahrkartenverkauf für kurze Zeit, bis die Fahrkartenautomaten sie verdrängten.

Damit der Zug zu Wochenbeginn die Pendler nach Regensburg bringen konnte, fuhr in den 70er Jahren bereits am Montag um 4 Uhr früh eine Leergarnitur nach Falkenstein. Hatte es geschneit, mußte bereits am Sonntagnachmittag eine Schneefräse die Strecke freimachen. Nur selten kam es vor, daß ein Zug im Schnee steckenblieb, wie es im Winter 1941 geschah, als bei Roßbach ein Zug vom Arbeitsdienst freigeschaufelt werden mußte. Problematischer für das Lokpersonal waren trockene Jahreszeiten, wenn die Wasserquellen zum Auffüllen der Dampflokomotiven versiegten. Man schleppte dann eigens einen Wassertender von Regensburg nach Hauzendorf und Roßbach. Eine Lokomotive mußte auf dieser Strecke unterwegs zweimal mit Wasser betankt, aber nie bekohlt werden, auch wenn in Falkenstein ein fünf Meter hoher, diebstahlsicherer Kohlenbunker für alle Fälle vorhanden war.
Für den Personenverkehr fuhren bis Ende der 40er Jahre morgens zwei Pendlerzüge von Falkenstein nach Wutzlhofen, bzw. Regensburg, abends zwei Züge zurück. Anfangs waren an die Personenzügen auch die Güterwagons gekoppelt, was beim Rangieren an den Haltestellen sehr viel Zeit kostete. In den 20er Jahren fuhren dann eigenständige Güterzüge. Eine weitere Verbesserung war, daß die Personenzüge bis Regensburg durchfuhren, was das Umsteigen in Wutzlhofen ersparte. Dennoch dauerte die einfache Fahrzeit von Falkenstein nach Regensburg 2 Stunden 13 Minuten (Kursbuch 1946). Die Höchstgeschwindigkeit betrug in den späteren Jahren nicht mehr als 50 km/Stunde.

Eine erhebliche Verkürzung der Fahrzeit für Personenzüge sollte der Einsatz von dieselbetriebenen Triebwägen bringen. Im Jahr 1932 befuhren die ersten Triebwägen die Strecke nach Falkenstein. Aber bereits im August 1939 fuhren wieder Dampfloks, als zur Einsparung von Verbrennungskraftstoff für kriegerische Zwecke die Triebwägen wieder aus dem Verkehr gezogen wurden. Erst in den 1960er Jahren waren die Triebwägen wieder auf dieser Strecke zu sehen.

Touristische Erwartungen

Gerade der Tourismus sollte große, wirtschaftliche Impulse für die Gegend bringen. So wurden während des Bahnbaues bereits manche Gasthäuser und Unterkünfte renoviert und an den neuen Erfordernissen ausgerichtet. Am Bahnhof Hetzenbach entstand ein neues Gasthaus mit Aussichtsturm. Hetzenbach, so meinte der Regensburger Anzeiger, habe als Luftkurort mit seiner hohen Lage, seiner staubfreien Luft und dem weiten Staatswald „Hochholz“ eine Zukunft. Prachtvolle Granitsteingruppen wie der „Tannenfels“ würden zu beliebten Wanderzielen werden. Auch die Aussicht in den oberen und mittleren Bayerischen Wald und auf die Oberpfälzer Berge sei von „ungeahnter Schönheit“. Aufgabe des Waldvereins sei es, diese „natürliche Aussichtswarte“ für die Allgemeinheit zugänglich zu machen. Dazu biete sich als Bedarfshaltestelle für den Personenverkehr die Holzladestelle des Königlichen Forstärar zwischen Hetzenbach und Schillertswiesen an.

Falkenstein selbst zählte schon um die Jahrhundertwende zu den schönsten Sommerfrischen des Bayerischen Waldes. Zu jener Zeit war der Luftkurort allerdings nur von den jeweils 15 km entfernten Bahnstationen Wöhrd a.D. und Roding zu erreichen. Falkenstein bot dem Erholungssuchenden mächtige Waldungen, kalte und warme Bäder, Jagd, Fischerei und Spaziergänge in großartigen Natur- und Felsenparkanlagen.

In den 20er Jahren, mitten in der Natur und Wanderbewegung, preisen eine ganze Reihe von Wanderführern und Fremdenverkehrsheften diese reizvolle Gegend. Initiator und Herausgeber dieser Publikationen war meist die Sektion Regensburg des Bayerischen Waldvereins. Der Waldverein Regensburg unterstützte im Jahr 1924 auch die Herausgabe von Gottfried Hubers umfangreichen Wanderführer durch Falkenstein und Umgebung. Dieser umfaßte 70 Seiten und er ließ zum ersten Mal die Wanderrouten von den Bahnhöfen der Bahnlinie Wutzlhofen-Falkenstein ausgehen.

Huber verstand seinen Wanderführer als Werbeschrift für den Vorderen Bayerischen Wald zwischen Regen und Donau einer Gegend, die auf Grund ihrer landschaftlichen Schönheiten noch mehr Touristen verdiente. Hier könnten die Fremden „herrliche, romantische Waldpartien und liebliche Täler, die ungezählten Reste einer reichen Kultur und einer großen Vergangenheit“ vorfinden. Auf gut gebauten Wegen, schrieb Huber, „wandert es sich ganz prächtig“ zu den „windumrauschten Höhen“ und durch die „von kräftiger Nadelluft erfüllten Waldungen“. Er hielt fest, daß durch die neue Eisenbahn Regensburg-Wutzlhofen-Falkenstein nun der schönste Teil des Bayerischen Vorwaldes für den allgemeinen Verkehr erschlossen sei und daß dem Ort Falkenstein in Sachen Sommerfrische und Wintersport eine große Zukunft gesichert sei. Die Schriften des Verkehrsvereins Regensburg oder des Verkehrsverbandes Nordbayern hoben in den 20er Jahren ebenfalls den Reiz Falkensteins und seiner Umgebung hervor. Auch sie weisen auf die Nebenbahn hin, die eine Fahrt nach Falkenstein oder zu den anderen Orten als lohnenden Tagesausflug ermöglichte.

Besonders die schöne unberührte Natur um den Burgberg oder im Höllbachtal zog die Menschen nach Falkenstein. „Steine von mancherlei Größe und Form“, so heißt es, „und mächtige Felsblöcke liegen wie bunt durcheinander gewürfelt umher. Über allem steht ein urwüchsiger Hochwald aus Eichen, Buchen, Linden, Ulmen, Fichten und Tannen, dazwischen wächst das seltene Leucht- und das duftende Veilchenmoos.“

In dieser Idylle, weitab vom Lärm der Großstadt, fanden viele Regensburger Erholung und Entspannung, bevor sie dann mit dem Abendzug die rund zweistündige Rückfahrt wieder antraten.

Aber auch weitergereiste Fremde – aus Berlin, West- und Norddeutschland – besuchten den beliebten Ferienort. Manche Schaffner klärten die Gäste bereits im Zug über Landschaft, Wanderwege und Gasthäuser mit guten „Brotzeiten“ auf. Die ersten „Fernreisenden “ waren übrigens „Hamsterer“ aus dem Ruhrgebiet, die nach Kriegsende wegen eines Sackes Kartoffeln nach Falkenstein kamen. Einer der letzten Wanderführer, der die Bahnhöfe der Lokalbahn als Ausgangspunkte für Wanderungen anführte, war die Jubiläumsausgabe des Waldvereins im Jahr 1953. Es war allerdings bereits die Zeit, in der Wanderer und Fremde mit den ersten Privatautos kamen, angebrochen. Viele Regensburger wußten den Reiz der Bahnstrecke noch bis in die 60er Jahre zu schätzen. Dann stiegen auch sie in ihre neuerworbenen Privatautos um und steuerten am Sonntag andere Ausflugsziele an. Heute bringt der Radwanderweg einigen Orten auf der alten Bahntrasse ein touristisches Comeback.